Zehn Jahre „Stadtwache“: Kein Grund zu feiern!

Heute hat die Stadt Linz zehn Jahre Ordnungsdienst Linz als Erfolgsgeschichte dargestellt. Wenn das Image angeblich gestiegen sei, dann liegt das in erster Linie daran, dass viele zusätzliche Aufgaben übernommen wurden (Sicherheitsdienst, Parkraumkontrollen, Sozialarbeit, etc.) die mit der ursprünglichen Intention nicht viel gemein haben und auch von anderen Dienstleistern durchgeführt werden könnten. Die Stadtwache bleibt aber immer noch das Produkt einer repressiven, nicht-offenen und nicht-sozialen Auffassung über das Zusammenleben in einer Stadt. Darüber können auch alle Tarnversuche nicht hinwegtäuschen.

Vor mehr als 10 Jahren hat die „BürgerInneninitiative Linz braucht keine Stadtwache“ eine Erklärung zum damaligen Eintragungsende und Unterschriftenergebnis als amtliche Bürgerinitiative* abgegeben, die auch zehn Jahre später noch immer Gültigkeit hat:

„Wir bleiben bei unserer grundsätzlichen Kritik an einer „Law & Order“-Politik für die stellvertretend die „Stadtwache“ steht, welche mit Ressentiment, Angst und Verunsicherung arbeitet, statt wirkliche Lösungsansätze anzubieten. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass Machtpolitik auf diesem sensiblen Gebiet nicht wichtiger sein darf, als die persönliche Überzeugung oder Parteiposition vor der Wahl. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass ein mit der rechtsextremen Szene verfilzter Stadtrat nicht mit den Agenden der „Stadtwache“ betraut werden darf. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass solche Organe in erster Linie Organe der Vertreibung und Verdrängung von missliebigen Personengruppen darstellen. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass die fast zwei Millionen „Stadtwache“-Euro im Jahr in Zeiten der Krise und knappen kommunalen Kassen in anderen Bereichen eindeutig sinnvoller angelegt wären.“

* Das Anliegen der BürgerInneninitiative auf den Unterschriftenlisten damals: „Die Stadt Linz spricht sich gegen eine Stadtwache aus, daher wird der Beschluss des Gemeinderates vom 3.12.2009 über die Errichtung einer Stadtwache ersatzlos aufgehoben.“

BürgerInneninitiative zur Ordnungsdienst-Bilanz 2014

Statt Jubel sprechen genug Gründe für die Auflösung der Stadtwache!

Der Linzer „Sicherheitsstadtrat“ Detlef Wimmer (FP) hat heute in einer Presseaussendung und -konferenz eine sehr positive Jahresbilanz bezüglich Linzer Ordnungsdienst gezogen. Die BürgerInneninitiative „Linz braucht keine Stadtwache“ sieht das etwas anders und weist auf ein paar Details hin, die bei der offiziellen Bilanzpräsentation wohlweislich unterschlagen wurden.

So wurde vom Sicherheitsstadtrat nicht erwähnt, dass der Ordnungsdienst der Stadt Linz (OSL) im März 2014 breiter Kritik ausgesetzt war, als bekannt wurde, dass im OSL-Büro ein Bild eines Mitarbeiters mit NSDAP-Zitat aufgehängt war. Ehemalige MitarbeiterInnen berichteten damals auch von selbsternannten “Bettlerjägern, die auf alle hinfahren, die irgendwie osteuropäisch und arm aussehen”. Anderen Mitarbeitern wurde vorgeworfen, mutwillig Schlägereien provoziert zu haben. Bei Beschwerden bei den Vorgesetzten über illegalen Taten von Kollegen haben die ehemaligen MitarbeiterInnen nur zu hören bekommen, „dass alles seine Richtigkeit hat und man mit niemanden von außen sprechen soll“. Der Sicherheitsstadtrat hat diese Vorfälle damals geleugnet, welche jedoch von der OSL-Geschäftsführung bestätigt wurden.

Des Weiteren gibt es immer wieder auch Kritik am Vorgehen der StadtwächterInnen bei Einsätzen. So berichteten auch 2014 AugenzeugInnen vom fehlenden „Fingerspitzengefühl“ bei Amtshandlungen der StadtwächterInnen. Auch sind Fälle bekannt, wo über das gesetzlich erlaubte Maß hinaus agiert wurde. Etwa haben OSL-MitarbeiterInnen Identitätsfeststellungen bei still bettelnden Menschen in der Innenstadt vorgenommen, was zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erlaubt war. (Die Gemeinde Linz hat die Befugnis zur Identitätsfeststellung bei „legalem Betteln“ erst im Oktober 2014 eingeführt.)

Michael Schmida, Sprecher der BürgerInneninitiave gegen die Stadtwache: „Mit allen Mitteln versucht Stadtrat Wimmer das Tun und Schaffen seines „Law and Order“-Organs zu rechtfertigen. Dazu fordert er immer wieder neue Gesetze und Befugnisse für die Stadtwache. Auf Druck der FPÖ wurde im Jahr 2014 das Bettelverbot trotz Kritik von Menschenrechts- und Sozialorganisationen verschärft. Aktuellster Rechtfertigungsversuch ist die Kontrolle der gebührenfreien Kurzparkzonen durch den OSL. Verschwiegen wird jedoch, dass die Stadt Linz wohl zu viel günstigeren Konditionen andere Organe für die Überprüfung der gebührenfreien Kurzparkplätze auf dem Stadtgebiet einsetzen könnte.“

Angesichts der kritischen Stadtwache-Bilanz fordert Schmida einmal mehr die Auflösung des Ordnungsdienstes: „Auch im fünften Jahr des Bestehens haben sich die Kritikpunkte an der Stadtwache nicht erledigt. Der Linzer „Ordnungsdienst“ ist noch immer das Spielzeug eines „Law-and-Order“ Politikers aus dem rechten Eck. Er löst keine Probleme, sondern schafft mehr! Er kostet viel Geld und ist demokratie- und gesellschaftspolitisch gefährlich, darüber kann auch der aktuelle Einsatz als Parksheriffs nicht hinwegtäuschen!“

Leistungsanalyse Stadtwache Linz: 130€ für einmal den Weg zum nächsten Klo zeigen

Dieser Artikel stammt von Thomas Diesenreiter und wurde von seinem Blog unter www.diesenreiter.at übernommen.

Nach dem ersten Jahr Stadtwache, auch euphemistisch Ordnungsdienst genannt, zieht die Stadt Linz stolz Bilanz: 7.678 dokumentierte Vorgänge! Das klingt doch nach auf den ersten Blick nach was, aber sehen wir uns das mal im Detail an:

Im Schnitt steht die Leistungsbilanz bei 21 Vorgängen pro Tag – wohlgemerkt ingesamt für alle 18 Bedienstete. Also 1,16 Vorgänge pro Tag pro StadtwächterIn. Anders ausgedrückt: Ein typischer, kompletter Tag der 18 Bediensteten der Linzer Stadtwache sieht so aus:

9 StadtwächterInnen geben jeweils einer Person die Auskunft, wo das nächste öffentliche Klo ist.

5 StadtwächterInnen bitten eine/n HundebesitzerIn, ihr Tier an die Leine zu nehmen.

3 StadtwächterInnen rufen die LinzAG an und melden, dass sie Müll auf der Straße gefunden haben.

1 StadtwächterIn vertreibt eine/n BettlerIn oder eine/n StraßenmusikerIn, überwacht den Anstand und die öffentliche Ordnung und den Jugenschutz.

Den ganzen Tag spazieren gehen und einmal Auskunft geben, das ist polemisch gesagt der statistische Durchschnittstag eines/einer MitarbeiterIn des Linzer Ordnungsdienst. Da mutet es ja fast ironisch an, dass jene Parteien, die die Stadtwache am stärksten unterstützen, so gerne mit der Leistungsgesellschaft hausieren gehen. Aber damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich fordere nicht, dass die Stadtwache öfter eingreifen soll, ich möchte im Gegenteil Argumente für die sofortige Auflösung aufzeigen.

Nun, wer denn jetzt in Linz spazieren geht und Auskunft gibt, das könnte mir ja relativ egal sein, würde die Stadtwache nicht aus öffentlicher Hand finanziert. Mit 18 MitarbeiterInnen hatte die Stadtwache ein Budget von 1.000.000,00 €, nach der erfolgten Aufstockung wird mit Kosten von 1.500.000,00 € gerechnet. Sehen wir uns also die Kostenanalyse des ersten Jahres an:

Wir sehen also, die Stadt Linz hat letztes Jahr 450.000 € investiert um mobile Infopunkte zu bezahlen – circa so viel, wie das ganze Theater Phoenix an Jahressubvention bekommt. Weitere 300.000 € wurden in Vorgänge im Zusammenhang mit Hunden investiert – drei mal so viel wie die Linzer Stadtwerkstatt an Subventionen erhält. 170.000 € um die Müllabfuhr anzurufen – damit könnte man die Subvention des Crossing Europe Filmfestivals vervierfachen. Ganze 40.000 € um das Bettelverbot durchzusetzen – hier wird also Geld investiert um arme Menschen zu vertreiben, statt ihnen mit diesem Geld zu helfen. 17.000 € kostet die Bekämpfung illegaler Straßenmusik – circa so viel wie letztes Jahr für zwei Kunstprojekte als Förderung zuerst zu, und dann auf Druck der FPÖ wieder abgesagt wurde.

Und rechnet man sich nun aus, wie viel also ein Einsatz der Stadtwache kostet kommt man auf den stolzen Preis von 130 €.

Die Linzer Stadtwache ist nicht nur ein Angstinstrument der ÖVP und FPÖ, die damit ihre verfehlte Sicherheitspolitik durchsetzen möchte, sie ist auch eine riesen Geldverschwendung. Ich wiederhole daher meine Forderung: Die Stadtwache soll sofort aufgelöst werden, das freiwerdende Budget in den Sozial- und Kulturbereich fließen!

Die Zustimmung zur Stadtwache ist im Sinkflug – in Onlineumfragen fordern schon 73% die sofortige Auflösung! Und ihr, liebe LinzerInnen, habt es in der Hand, denn in der gerade gestarteten BürgerInnenbefragung der Stadt Linz wird auch eure Meinung zur Stadtwache abgefragt. Ich hoffe, dass euch diese Analyse geholfen hat, ein Bild von der Sinnhaftigkeit der Stadtwache zu machen.