Stadtwache im Linzider

Die Linzer Stadtillustrierte „l)inzider“ ist bislang vor allem durch überdurchschnittliche
Präsenz der lokalen FPÖ-Spitze und regelmäßige Promotion der Linzer Stadtwache
aufgefallen. Umso erstaunlicher, dass der Ordnungsdienst in der Rubrik „Briefe an die
Stadt Linz“ der aktuellen Ausgabe gar nicht gut wegkommt. Der Bericht ist so amüsant,
dass wir uns die Mühe gemacht haben, sie für diesen Blog abzutippen.

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Nur Bolt ist schneller…
Langsam, aber sicher muss man sich fragen, wie lange die skurrile
Geldverbrennungsaktion namens „Stadtwache“ noch ihrem seltsamen Treiben nachgehen
soll. Der l)inzider wurde kürzlich unfreiwilliger Zeuge zweier ziemlich ulkiger
„Amtshandlungen“.

Fall I: Zwei (man möchte fast sagen ausnahmsweise) nicht übergewichtige Stadtwächter
wollen nach einem lächerlich anmutenden 50 Meter-Sprint einen älteren Herren „stellen“,
der es wagte, sein kleines Hündchen auf dem Weg vom Auto zur Haustüre (ca. zehn
Meter) nicht anzuleinen. Leider war der Sprint der City-Hilfspolizei hintenraus nicht flott
genug und die Haustüre fiel den Freizeit-Usain-Bolts vor der Nase zu. Das emsige Klopfen
der beiden Alltagshelden wurde von Hund & Herrl nicht mal ignoriert, die Stadtwächterei
musste erfolglos von dannen ziehen.

Fall II: Ein Musikertrio, das am Hauptplatz entlang der Schanigärten zog (ohne diese
jedoch zu betreten), fand die Missgunst zweier junger Stadtwächter. In bester
Polizeimanier wurden die Musiker gestellt und grimmigst beamtshandelt. Während der
eine just den kleinsten der drei Musiker barsch anblaffte, hantierte der andere hektisch am
Handy herum. Am Ende musste man die (zweifelsohne grundsubversiven) Musiker aber
ohne das Aufspüren eines Schwerverbrechens ziehen lassen.

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l)inzider Ausgabe 20, September 2012, S. 06

Das PDF der Ausgabe ist hier online zu sehen: http://www.linzider.at/index.php?
option=com_flippingbook&view=book&id=22%3Alinzider-nummer-20&catid=1%3Adefaultcategory&
Itemid=126

Stadtwache Linz schikaniert Bettler – und die Polizei spielt mit!

Nachtrag zum Bettelverbot und der Bestätigung durch den VfGH: Die Zeitung der KUPF OÖ berichtet in der Rubrik „Gnackwatschn“ über einen skandalösen Zwischenfall in Linz:

Am 10. Juli wurden zwei rumänische Jugendliche am Linzer Schillerplatz von der Stadtwache angehalten. Der eine, Mihai, 14 Jahre alt und der andere, Bobi, gerade einmal 18. Ihr Vergehen: Sie haben gebettelt. Nicht aggressiv, sondern ruhig und höflich. Da Mihai aber minderjährig ist, wurde dem 18-jähigen Bobi vorgeworfen, beim Betteln „eine unmündige Person mitgeführt“ zu haben. Etwas, das nach der Bettelverordnung des Landes Oberösterreich (angeblich) verboten ist.
Die „Organe des Ordnungsdienstes“ nahmen den beiden Jugendlichen ihre Barschaft ab und tätigten einen Anruf bei der Bundespolizeidirektion. Diese verfasste nach den Angaben der Stadtwächter (ohne eigene Prüfung) eine Strafverfügung und schickte einen Beamten damit los, um sie dem straffällig gewordenen 18-jährigen auszuhändigen. 100 Euro oder 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Dass Bobi kein Wort Deutsch spricht und gar nicht weiß wie ihm geschieht, stört nicht.
Der ganze Ablauf dauerte nicht länger als 40 Minuten. Sehr effizient, nur wurde übersehen, dass es eine völlige Fehlentscheidung war. Im Oberösterreichischen Polizeistrafgesetz heißt es nämlich: „Wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt (…) begeht eine Verwaltungsübertretung.“ (§1a. Abs.1).
Es ist also nur „aggressives“ Betteln verboten. Das Recht auf Betteln ist durch die europäische Menschenrechtskonvention geschützt (Artikel 8). Dies stellte auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Entscheid vom 30. 6. 2012 klar.
Konkret wurde Bobi ein Verstoß gegen § 1a Abs.3 vorgeworfen: „Wer eine unmündige minderjährige Person beim Betteln im Sinn des Abs. 1, in welcher Form auch immer, mitführt, begeht eine Verwaltungsübertretung.“
Ergo: Das Mitführen „unmündiger, minderjähriger Personen“ ist nur dann verboten, wenn so gebettelt wird wie in Absatz 1 beschrieben – also mittels anfassen, beschimpfen usw.
Das hätte Bobi in einem Einspruch vorbringen können. Wenn er des Deutschen mächtig gewesen wäre und Zugang zu Rechtstexten gehabt hätte. Er wählte aber die für ihn einzig mögliche Variante, sich der Strafe zu entziehen – er tauchte unter.
Natürlich gehört dieses Bettelverbot zur Gänze weg, und natürlich gehören alle Verantwortlichen, von Stadtrat Wimmer bis Bürgermeister Dobusch, durch Sonne und Mond gewatscht. Aber bis es soweit ist, sollten die bestehenden Einspruchsmöglichkeiten genutzt werden. Dem Vernehmen nach schreiben die Leute von Radio FRO (Kirchengasse 4) für Betroffene gerne Einsprüche.